Rezeptfrei / rezeptpflichtig: was Neues zu Schlafmitteln

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Vorwarnung: Dieser Post hat nichts mit Corona zu tun. Außer vielleicht für alle, die gerade kein Auge zu tun und über Schlafmittel nachdenken.

Künftig, in der Apotheke: „Ich hätte gern ein rezeptfreies Schlafmittel.“ Darauf die Apothekerin: „Darf ich mal Ihren Ausweis sehen?“ Absurd? Nein, es könnte bald so kommen, zumindest wenn Sie, also die Kundin oder der Kunde, nicht mehr jung sind. Denn der so genannte Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht hat kürzlich mehrheitlich empfohlen, rezeptfreie Schlafmittel wie Doxylamin und Diphenhydramin für alle ab dem 65. Lebensjahr in die Rezeptpflicht zu nehmen. Warum er das getan hat? Bei den Mitteln handelt es sich um so genannte Antihistaminika der ersten Generation. Sie wirken nicht nur gegen Allergien, sondern haben auch beruhigende und schlaffördernde Eigenschaften… und bestimmte Nebenwirkungen: Beide können die Reaktionsbereitschaft vermindern und Schwindel auslösen. Doxylamin kann zudem für einen trockenen Mund sorgen sowie für Probleme auf der Toilette. Diphenhydramin kann Einfluss auf das Herz nehmen („die QT-Zeit verlängern“) und die kognitiven Fähigkeiten reduzieren, also das Denken erschweren.

Manche Nebenwirkungen sind für Ältere besonders problematisch

Diese Nebenwirkungen sind für Ältere – die sowieso häufiger zum Beispiel wackelig auf den Beinen sind als jüngere Leute – besonders problematisch. Darum stehen beide Arzneien auch auf der so genannten PRISCUS-Liste (von lat. priscus, altehrwürdig). Das ist eine Liste von Wirkstoffen, die für ältere Menschen nicht oder nur mit Einschränkung zum Einsatz kommen sollen. Diese Liste gibt es ungefähr zehn Jahren, und ich finde es erstaunlich, dass ein Mittel zugleich rezeptfrei und für eine große Bevölkerungsgruppe potentiell ungeeignet sein kann.

Rezeptfrei / rezeptpflichtig: Die mögliche neue Regelung wäre beknackt

Nichts desto trotz ist die Regelung, wie man sie jetzt erwarten kann, natürlich auch beknackt. Siehe Dialog ganz oben. Ob solche Gespräche wirklich immer stattfinden werden? Für Kundinnen und Kunden sind sie kaum nachvollziehbar. Sie fragen sich doch völlig zurecht, warum sie nach womöglich vielen Jahren, in denen sie ein Mittel gelegentlich gekauft haben, plötzlich ein Rezept brauchen – nur weil sie kürzlich Geburtstag hatten. Dabei wäre so eine Frage von Apothekerin oder Apotheker ja vor allem der Hinweis darauf, dass sie gut informiert sind und Ihnen nichts verkaufen wollen, was Sie womöglich gefährdet. Das nur mal als Gedanke.

Wie gut man mit einem Arzneimittel klar kommt, kann sich über die Jahre verändern

Die eigentliche Botschaft der aktuellen Entwicklung ist diese hier, finde ich: Wie gut man mit einem Arzneimittel zurecht kommt, kann sich über die Jahre verändern. Man muss immer auf neue Nebenwirkungen gefasst sein. Und auch der Schlaf verändert sich, um beim konkreten Fall zu bleiben. Man braucht mit 65 deutlich weniger als mit 25. Schlafmittel – ob rezeptfrei oder nicht – sollten nur kurzfristig angewendet werden, und wer wochenlang schlecht schläft, für den sind Schlafhygiene und Entspannungstechniken wichtig bzw. ärztliche Hilfe. (Über Schlafmittel und warum ich keine mehr nehme habe ich mich hier mal ausgelassen.) Und übrigens: Auch bestimmte Migränemittel (Triptane) sind für ältere nicht rezeptfrei, für andere aber schon. Das Thema ist also gar nicht so neu, wie man immer wieder liest.

Rezeptfrei / rezeptpflichtig: Das ist nicht in Stein gemeißelt

Und noch eine Botschaft gibt es: Rezeptfrei oder rezeptpflichtig, das ist nicht in Stein gemeißelt, auch nicht für einen bestimmten Wirkstoff. Es hängt sehr oft von der Darreichungsform (Salbe, Tablette, Zäpfchen usw.) sowie von der Dosierung uns Packungsgröße (wie bei Ibuprofen und Diclofenac) ab. Und manchmal eben auch vom Alter. Und natürlich kann man sich das Mittel von jemand jüngerem mitbringen lassen, oder – wie bei rezeptfreien Schmerz- und Entzündungsmitteln – in mehreren Apotheken jeweils eine Schachtel kaufen, trotz des Warnhinweises, der mittlerweile auf den Packungen prangt. Aber sinnvoll ist es nicht.

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