Blasenentzündungen: warum man es erstmal mit Ibuprofen und einem pflanzlichen Antibiotikum versuchen sollte
Manche Frauen kennen Blasenentzündungen nicht. Die sind zu beneiden. Es ist wahnsinnig nervig, weil man jederzeit damit rechnen muss, SOFORT aufs Klo zu müssen („imperativer Harndrang“ nennen die Ärzte das) und auch sehr schmerzhaft; es zieht im Unterleib und brennt beim Pinkeln. Und das womöglich richtig häufig: Es gibt Frauen, die haben alle sechs Wochen damit zu tun und können kaum „Sex“ denken, und schon zieht es. (Ja, es ist wahr: Wer mehr Sex hat, hat auch häufiger Blasenentzündungen.)
Das ist schlimm genug. Noch blöder ist aus meiner Sicht, dass Blasenentzündungen noch immer viel zu oft falsch behandelt werden. Sobald man nämlich eine Arztpraxis betritt und die typischen Symptome aufzählt, geht man mit viel zu großer Wahrscheinlichkeit mit einem Rezept für ein Antibiotikum raus. Klingt erstmal richtig, denn meist sind es Bakterien, die den Harnwegsinfekt verursachen. Nämlich E.-coli-Bakterien, die eigentlich friedlich im Darm leben. Aber die Biester schaffen es allzu leicht in die Harnröhre und dann bis in die Blase, bei Frauen müssen sie dazu nur ein paar Zentimeter zurücklegen (was durch Sex noch erleichtert wird). Und da machen sie Ärger. Im Kampf gegen die Eindringlinge schwillt die Blasenwand an und entzündet sich. Schon isses passiert. Hier fünf Dinge, die alle wissen sollten, bevor sie das nächste Antibiotikum wegen Blasenentzündung nehmen:
1. Viele unkomplizierte Harnwegsinfekte gehen von allein wieder weg.
Je nach Studie sind das 25 bis 42 Prozent. Das bedeutet: Wenn alle Betroffenen gleich ein Antibiotikum nehmen, schluckt rund ein Drittel ganz umsonst. Abwarten und (Blasen-)tee trinken also durchaus erstmal eine Option. Viel trinken spült die Erreger aus.
2. Schmerztabletten helfen.
Oft reichen Schmerzmittel, das ist inzwischen bewiesen. An der Uni Göttingen bekamen fast fünfhundert Patientinnen entweder sofort das Antibiotikum Fosfomycin oder erstmal nur das Schmerzmittel Ibuprofen. Zwei Drittel der Frauen kamen mit den Schmerztabletten alleine gut klar und brauchten gar kein Antibiotikum, 70 Prozent waren nach einer Woche völlig beschwerdefrei. Denjenigen, die das Antibiotikum genommen hatte, ging es kaum schneller wieder gut, unter ihnen waren 82 Prozent nach einer Woche beschwerdefrei. Dieses Studienergebnis spricht eindeutig dafür, es erstmal mit Wärmflasche und Schmerztabletten zu versuchen – außer, es ist Blut im Urin, die Schmerzen sind echt stark, es kommt Fieber dazu oder ein Druck in der Nierengegend. Dann muss man zum Arzt gehen.
3. Die Pflanzenwelt bietet sinnvolle Mittel.
Es gibt sogenannte pflanzliche Antibiotika, etwa mit Kapuzinerkresse und Meerrettich. Diese enthalten Senföle, die es den Bakterien schwer machen, sich an die Blasenschleimhaut anzuheften. Auch Bärentraubenblätter wirken antibakteriell. Pflanzliche Mittel sind hier unbedingt einen Versuch Wert. Wenn das alles nichts bringt, wenn die Beschwerden wiederkommen oder wenn Fieber hinzukommt, ist es ebenfalls an der Zeit, zum Arzt zu gehen.
4. Cotrim ist von gestern.
Wenn Antibiotikum, dann bitte nicht mehr Cotrimoxazol („Cotrim“). Das war jahrzehntelang Standard – und wurde dabei leider allzu unkritisch eingesetzt. Mit dem Erfolg, dass jetzt rund 25 Prozent der E.coli-Bakterien resistent sind gegen die Substanz. Auch sogenannte Gyrasehemmer (das sind all die Substanzen, die auf „-floxazin“ enden) schneiden nicht mehr gut ab, von dem Penicillin Ampicillin ganz zu schweigen. Die aktuelle Leitlinie zu unkomplizierten Harnwegsinfektionen rät unter anderem zu Fosfomycin (praktisch: das muss man nur ein einziges Mal nehmen), und auch Nitrofurantoin kommt wieder zum Einsatz. Das ist ein altes Arzneimittel, das ein Stück weit in Vergessenheit geraten war und das jetzt unter anderem wegen seiner vergleichsweise guten Resistenzlage wiederentdeckt wurde.
5. Man kann versuchen, langfristig vorzubeugen.
Wer mehr als drei Blasenentzündungen im Jahr hat, sollte zur Vorbeugung etwas tun, zum Beispiel sein Immunsystem stimulieren. Dafür gibt es (rezeptpflichtige) Kapseln (Uro-Vaxom), die mithilfe von E.-coli-Bestandteilen für mehr Abwehrstoffe im Harn sorgen. Wie wirksam diese Mittel wirklich sind, war lange umstritten, doch inzwischen spricht vieles dafür, sie auszuprobieren. Bei Cranberrys und Preiselbeeren ist es genau umgekehrt: Einige kleinere Untersuchungen zeigen eine gute vorbeugende Wirkung, eine große Übersichtsarbeit des renommierten Wissenschaftsnetzwerks Cochrane Collaboration kam 2012 aber zum gegenteiligen Ergebnis.
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