Süßigkeiten: Warum gibt es sie in der Apotheke?

Allgemein Apotheken-FAQ

Mein Mann fasst sich jedes Mal an den Kopf, wenn er in eine Apotheke kommt und erstmal an einem riesigen Aufsteller mit überteuerten Lakritzprodukten vorbei muss. Oder am Ladentisch vor lauter Orangenbonbons das Display der Kasse übersieht. Warum verkaufen Apotheken Süßigkeiten?, ärgert er sich dann. Und es ist ja auch ärgerlich, schließlich denkt man halt doch irgendwie, was man in der Apotheke kauft, hat einen Nutzen für die Gesundheit. Aber Lakritzdragées und Weingummi? Wohl kaum.

Salmiakpastillen waren die ersten „Süßigkeiten“ in der Apotheke

Ich habe erst vor kurzem kapiert, wie es zu diesen Aufstellern gekommen ist, oder was ich zumindest als Grund vermute. Die Wurzel dieses Angebots, sozusagen die Urmutter der Süßigkeit in der Apotheke,  sind Salmiakpastillen. Auf die schwören viele bei Halskratzen (mit eindeutigem Nord-Süd-Gefälle innerhalb Deutschlands und Europas).  Denn Salmiaksalz – Ammoniumchlorid – ist tendenziell desinfizierend, weil es den pH-Wert des Speichels senkt und dabei Ammoniak freisetzt. Salmiak wird aber auch traditionell Lakritze beigemischt, deren Grundlage Süßholzwurzelextrakt ist. Und da – schwupps – ist irgendwann etwas aus dem Ruder gelaufen. Denn in den Aufstellern gibt es eben nicht nur Salmiakprodukte, sondern auch Lakritz im dicken Zuckermantel und Gummibärchen in allen Variationen.

Die zweite Urmutter sind Halsbonbons. Über ihren Sinn und Zweck habe ich mich an anderer Stelle bereits ausgelassen: Wenn es im Hals kratzt, ist es gut, was zu lutschen. Idealerweise ein Hustenbonbon mit wohltuenden Zusätzen wie Eukalyptus, oder eben – wer es mag – eine Salmiakpastille. Aber auch ein ganz normales Bonbon erhöht die Viskosität des Speichels, bringt also auch schon ein bisschen was. Genau deswegen dürfen Apotheken überhaupt „ganz normale“ Bonbons verkaufen: Paragraph 1a der Apothekenbetriebsordnung legt die „apothekenüblichen Waren“ fest – und nennt dabei unter anderem „Mittel sowie Gegenstände und Informationsträger, die der Gesundheit von Menschen und Tieren unmittelbar dienen oder diese fördern“. Allerdings werden die meisten Gummibärchen nicht gelutscht, sondern zerkaut und zügig weggenascht. Ist zumindest meine Erfahrung.

Süßigkeiten: Hört auf mit dem Traubenzucker!

Aber, liebe Apothekenleiter, hört doch bitte endlich damit auf, den Kindern Traubenzuckerbonbons anzudrehen. Das stammt aus einer Zeit, wo man dachte, Traubenzucker sei gesund. Und wo wir noch kein Problem mit Übergewicht hatten… auch, weil es so viel weniger Süßigkeiten gab. Noch nicht mal in punkto Viskositätserhöhung bringen sie was. Weil sie so schnell zerfallen.

Meinem Mann habe ich gesagt, wenn er erkältet ist, soll er sich irgendwelche Bonbons im Supermarkt kaufen, für einen Bruchteil des Geldes. Oder Lakritz, ohne Zuckerschicht drumrum. Und da soll er auf die Kennzeichnung achten: Wenn „Erwachsenenlakritz“ auf der Packung steht, hat das Produkt mindestens zwei Prozent Ammoniumchlorid. „Extra stark“ bedeutet, dass zwischen 4,49 und 7,9 Prozent drin sind. Höhere Anteile waren in Deutschland lange nicht erlaubt, sind es inzwischen aber aufgrund von EU-Recht.

Übrigens: Nur weil man sich etwas in die Backentasche steckt, muss es kein Bonbon sein. Es gibt auch Medikamente zum Lutschen, etwa gegen Halsschmerzen. Auch wenn die Behörden ganz klar zwischen Arzneimittel und Süßigkeit unterscheiden, erscheinen die Übergänge teilweise fließend, wie etwa bei Thymian-Lutschtabletten oder eben bei Salmiakpastillen. Aber apothekenpflichtige Arzneimittel dürfen gar nicht so angeboten werden, dass der Kunde einfach danach greifen kann. Die müssen hinter den Tresen oder in die Schublade.

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