Überfressen: Tee ist besser als Schnaps…
Das kann einem schon mal passieren, zum Beispiel jetzt, in der Weihnachtszeit: Zu viel gegessen und getrunken. Überfressen halt, man sitzt am Tisch und kann nicht mehr.
Was hilft? Ein Schnaps oder besser noch ein Kräuterschnaps, das stimmt. Denn Alkohol spaltet Fette in Fettsäuren und Glycerol, es ist also nicht gelogen, dass er die Fettverdauung erleichtert. Nur leider fördert Alkohol unter anderem Sodbrennen. Und oft möchte man auch einfach nicht noch mehr Punkte auf dem Promillekonto. Meiner Erfahrung nach ist hier ein optimales Einsatzgebiet für Arzneitees. Zum einen, weil viele der geeigneten Heilpflanzen als Tee gut schmecken. Zum anderen, weil die heiße Zubereitung nur gut tun kann: Auf den Bauch wirkt Wärme entkrampfend, und die extra Flüssigkeit hilft, mit Alkohol besser zurecht zukommen – davon war es an solchen Abenden ja auch gern eher zu viel.
Ich stelle hier fünf Heilpflanzen vor, die sich sehr gut als Tee eignen, auch Kombinationen daraus sind super. Alle sind sanfte Verdauungshilfen, die schmerzhafte Gasansammlungen in Magen und Darm beseitigen, krampflösend wirken und das Aufstoßen erleichtern. Solche Mittel beziehungsweise Pflanzen nennen Apotheker auch Karminativa, vom lateinischen „carminare“ für „reinigen“. Für eine Tasse „Reinigungstee“ überbrühen Sie die jeweils angegebene Menge Tee mit 150 Milliliter siedendem Wasser. Nach zehn Minuten durch ein Teesieb abgießen.
Schon für Babys beliebt: Fenchel
Der Klassiker bei leichten, krampfartigen Magen-Darm-Beschwerden, Völlegefühl und Blähungen. Es gibt mehrere Fenchelarten. Wenn man auf die arzneiliche Wirkung aus ist, sollte man nach Möglichkeit den bitteren Fenchel nehmen – seine Früchte enthalten mit bis zu 8,5 Prozent deutlich mehr ätherisches Öl als die des süßen oder Gewürzfenchels (1,5 bis 3 Prozent). Und vor allem diesem Öl wird die Wirkung zugeschrieben. Fenchelfrüchte wirken nicht nur karminativ (s. o.), sondern auch „motilitätsfördernd“, das heißt, sie beschleunigen die Darmtätigkeit. Mal ganz abgesehen von ihrer schleimlösenden und keimhemmenden Wirkung, derentwegen sie in zahlreichen milden Hustenzubereitungen stecken.
Gut zu wissen: Ideal ist es, wenn Sie ganze Fenchelsamen (botanisch: Fenchelfrüchte) kaufen und diese erst direkt vor der Teezubereitung im Mörser anstoßen. Denn das ätherische Öl darin liegt gut verpackt in sogenannten Sekreträumen innerhalb der Samen. Tee aus zerkleinerten oder pulverisierten Fenchelfrüchten enthält darum ein Mehrfaches an ätherischen Ölen. Teebeutel oder zerstoßene Früchte auf Vorrat in den Küchenschrank zu legen ist keine Lösung: Je kleiner geschnitten die Pflanzenteile, desto mehr Sekreträume sind zerstört, und desto schneller verdunstet das Öl während der Lagerung daraus.
Dosierung pro Tasse (150 Milliliter): ein Teelöffel Fenchelfrüchte, entspricht ca. 2,5 Gramm.
Der dunkle Bruder: Anis
Fast genauso beliebt wie Fenchel, auch gern in Kombination. Anisfrüchte steigern – nicht nur im Ouzo oder Pastis – die Speichel- und Magensaftsekretion, weswegen Anistee gern schon zum Essen getrunken wird. Außerdem wirken Anisfrüchte bei Husten leicht schleimlösend.
Gut zu wissen: Je heißer das Wasser, desto besser lösen sich ätherische Öle darin, also unbedingt kochend heiß aufgießen. In kaltem Wasser sind die Bestandteile von Anisöl fest. Das lässt sich gut beobachten, wenn man Pastis mit Eiswasser aufgießt: Das ätherische Öl darin bildet sofort winzige Kristalle, die den Drink trüben.
Dosierung pro Tasse (150 Milliliter): ein halber Teelöffel Anisfrüchte, entspricht ca. 1,5 Gramm.
Nicht nur zu Kohl: Kümmel
Kümmelfrüchte gehören zu den stärksten Karminativa, sie wirken intensiver als Anis und Fenchel. Darum kommen sie häufig schon mit auf den Teller, etwa auf Kohl, frischem Brot oder anderen blähungsfördernden Lebensmitteln.
Gut zu wissen: Wie Fenchel und Anis gehört Kümmel zu den sogenannten Doldenblütlern (Apiaceen), das ist der Grund, warum die Früchte so ähnlich aussehen.
Dosierung pro Tasse (150 Milliliter): ein halber Teelöffel Kümmelfrüchte, entspricht ca. 1,8 Gramm.
Schmeckt vielen: Pfefferminze
Ein ideales Mittel, wenn gar nichts mehr geht: Pfefferminzblätter wirken nicht nur karminativ, sie lindern auch Schmerzen, fördern die Verdauung und beschleunigen die Magenentleerung… und sie schmecken auch noch gut, weil so frisch. Außerdem senkt Pfefferminztee die Spannung in dem Muskel, der die Speiseröhre zum Magen hin verschließt. So kann angestaute Luft leichter entweichen. Wer zu Sodbrennen neigt, sollte allerdings abends auf Pfefferminze besser verzichten – sich mit übervollem Magen und lockerem Muskel in die Waagerechte zu begeben, kann unangenehm werden.
Gut zu wissen: Nur Pfefferminzblätter, die mindestens 1,2 Prozent ätherisches Öl enthalten, dürfen gemäß dem Deutschen beziehungsweise Europäischen Arzneibuch in Apotheken verkauft werden. Einen solchen Tee sollte man jedoch nicht andauernd und nur des Geschmacks wegen trinken – das darin enthaltene Menthol kann bei Überdosierung wiederum Magenschmerzen auslösen. Wer nicht verzichten will, kann auf die nah verwandte Krauseminze ausweichen, die in vielen Minztees aus dem Supermarkt steckt.
Dosierung pro Tasse (150 Milliliter): ein Esslöffel Pfefferminzblätter, entspricht ca. 1,5 Gramm.
Der duftende Verdauungshelfer: Lavendel
Der mit Abstand am besten duftende Verdauungshelfer. Wichtigster Inhaltsstoff der Blüten ist das ätherische Lavendelöl darin, aber auch Flavonoide und Gerbstoffe könnten zur Wirkung beitragen. Lavendel wird von der für die Bewertung von Heilpflanzen zuständigen Kommission E am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als wirkungsvoll sogar beim sogenannten Roemheld-Syndrom eingestuft. Darunter versteht man Herzbeschwerden, die durch Gasansammlungen in Darm und Magen hervorgerufen werden.
Gut zu wissen: Ideal ist Lavendel nach einem abendlichen Festessen in der Familie, wenn es nicht nur harmonisch war. Neben seiner Wirkung gegen Oberbauchbeschwerden ist er ein bewährtes Mittel bei Unruhe.
Dosierung pro Tasse (150 Milliliter): ein bis zwei Teelöffel Lavendelblüten, entspricht ca. 0,8 bis 1,6 Gramm.
Hinweis: Dieser Text ist auch schon in BRIGITTE woman Heft 01/2016 erschienen.
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